Angela Merkel: CDU-Hoffnungsträgerin in Stoibers Team
Der Kanzler und das "Mädchen"

Die Familie von Angela Merkel weist
ein selten breites Spektrum
politischer Orientierungen auf: Der Vater, als evangelischer
Geistlicher dem Sozialismus zugeneigt, tritt 1989 dem Neuen Forum bei.
Die Mutter ist in der SPD engagiert und der Bruder der CDU-Politikerin
wird nach der Wende Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen. In Hamburg wird
Angela Merkel am 17. Juli 1954 geboren. Die Familie siedelt wenige
Wochen nach ihrer Geburt ins brandenburgische Quitzow über, wo der
Vater eine Kirchengemeinde übernimmt.
Die Physikerin mit kirchlicher Herkunft

Russisch- und Physiklehrerin wollte
sie eigentlich werden. Die
kirchliche Herkunft der Pastorentochter entspricht allerdings nicht dem
Idealbild einer ostdeutschen Pädagogin. Bei der Physik bleibt sie aber.
1978 schließt Merkel ihr Studium an der Universität Leipzig ab. Sie
dissertiert 1986 und ist bis 1990 an der Berliner Humboldt-Universität
als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig. Ihr Fachgebiet:
Quantenchemie. Angela Merkels Verhältnis zur Wissenschaft ist heute
eher privater Natur. "Wer zehn Jahre raus ist, findet den Anschluss
nicht mehr", bekennt sie in einem Interview. Seit 1998 ist Angela
Merkel in zweiter Ehe mit dem Professor für Quantenchemie, Joachim
Sauer, verheiratet, mit dem sie in Berlin-Mitte lebt.
Das "Mädchen" und der Kanzler

Mit der Wende 1989 beginnt für
Angela Merkel der Einstieg in die
politische Arbeit. Sie tritt dem Demokratischen Aufbruch bei, übernimmt
dessen Öffentlichkeitsarbeit und wechselt 1990 zur CDU. Als
stellvertretende Regierungssprecherin sitzt sie in der letzten
DDR-Regierung unter Lothar de Mazière. Das Verhältnis zu Helmut Kohl
ist sehr bestimmend für den weiteren politischen Weg Angela Merkels.
Der Kanzler nennt sie das "Mädchen", das er massiv protegiert - Merkel
vermeidet jede Konfrontation mit Kohl. Die erste gesamtdeutsche
Bundestagswahl 1990 bringt Merkels Durchbruch. Gegen zwei männliche
Mitbewerber aus dem Westen schafft sie im Wahlkreis
Stralsund-Rügen-Grimmen den Einzug ins Parlament - knapp 50 Prozent der
Wähler stimmen für Merkel. Kohl ernennt sie 1991 zur Ministerin für
Frauen und Jugend. Als Ministerin für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit tritt Merkel 1994 ihre zweite Legislaturperiode an.
Spenden, Bimbes und der Neuanfang
Nach der verlorenen Bundestagswahl 1998 wird Merkel auf Vorschlag
Wolfgang Schäubles zur Generalsekretärin der CDU gewählt. Das "System
Kohl" gilt als abgewirtschaftet und Angela Merkel als personifizierter
Neuanfang. In der Spendenaffäre der CDU drängt Merkel von Beginn an auf
eine schonungslose Aufklärung der "Bimbes-Politik" des Altkanzlers. Als
erstes Parteimitglied fordert sie im Januar 2000 die CDU öffentlich
auf, sich von ihrem Ehrenvorsitzenden Kohl zu distanzieren. Die Partei
kommt ihr nach, stellt sich hinter Wolfgang Schäuble und Kohl gibt
seinen Ehrenvorsitz ab. Das Verhältnis zu Helmut Kohl leidet und ist
noch heute nicht frei von atmosphärischen Störungen. Drei Monate später
wählt sie der Parteitag zur CDU-Vorsitzenden - ein Triumphzug für
Angela Merkel. Sie ist die erste Frau an der Spitze einer deutschen
Volkspartei.
Im Machtkampf unterlegen

Mit der K-Frage rückte Angela Merkel
wieder ins Zentrum der
Aufmerksamkeit. Die Frau aus dem Osten oder Edmund Stoiber - monatelang
diskutierten Partei und Öffentlichkeit darüber, wer für die CDU zur
Bundestagswahl 2002 antreten solle. Nach dem schon legendären
Frühstückstreffen in Stoibers Privathaus verzichtet Angela Merkel auf
die Kanzlerkandidatur. In Stoibers Wahlkampfmannschaft hat sie dennoch
einen festen Platz: Um demonstrativen Schulterschluss bemüht, versuchen
beide, keine Risse im Gefüge der Unionsparteien zu offenbaren. Daran
war Stoibers Ziehvater Franz-Josef Strauß unter anderem gescheitert.
Angela Merkel setzt jetzt alles daran, dass Edmund Stoiber nicht das
gleiche Schicksal erleidet.
Fotos: NDR Online